USA unterstreichen ihr nationales Interesse an der Arktis

Ottawa, 13. Januar 2009 - Die USA unterstreichen ihr nationales Interesse an der Arktis. Als eine seiner letzten Amtshandlungen unterzeichnete US-Präsident George W. Bush eine „präsidentielle Sicherheitsdirektive“ zur Arktispolitik. Sie hebt die strategische und wirtschaftliche Bedeutung der Nordpolarregion und die Veränderungen durch Klimawandel hervor. Konflikte mit Kanada um Beaufort-See und Nordwestpassage sind vorprogrammiert. Dennoch setzt die Direktive auf internationale Kooperation: Der Senat wird aufgefordert, sich für die Ratifizierung der UN-Seerechtskonvention einzusetzen.

Direktive des scheidenden Präsidenten George W. Bush über strategische und wirtschaftliche Bedeutung der Region – Plädoyer für Beitritt zu UN-Seerechtskonvention

„Die Vereinigten Staaten sind eine arktische Nation mit vielfältigen und zwingenden Interessen in dieser Region“, heißt es in dem Papier, der ersten Überarbeitung der US-Arktispolitik seit 1994. Im Blickfeld stehen die Sicherheitspolitik, die wirtschaftliche Nutzung der ölreichen Region und der Schutz der Umwelt. Selbst wenn der neue Präsident Barack Obama diese Politik weitgehend übernehmen sollte, hoffen Umweltschützer doch, dass die Umwelt bei Entscheidungen über Energieförderung in arktischen Gewässern und auf dem Land größeres Gewicht bekommen wird.

Wettstreit um nationale Einflusszonen

Die Nordpolarregion erlebt wegen des Rückgang des Eises durch den Klimawandel und die stärkere Öffnung der Arktis für menschliche Aktivitäten einen Wettstreit um nationale Einflusszonen. Deutlich wurde dies im August 2007, als die Russen ihre Flagge im Eismeer direkt am Nordpol versenkten und Anspruch auf den Meeresboden geltend machten. Ob Russland über die 200-Meilen-Zone hinaus den Meeresboden bis zum Nordpol nutzen kann, muss wissenschaftlich geklärt werden. Auch Kanada und Dänemark/Grönland könnten Anspruch erheben. Alle Arktisanrainer mit Küstenlinie, neben Kanada, Russland und Dänemark die USA/Alaska, Norwegen und Island, wollen ihre Einflusszonen ausweiten.

Die Kommission der Europäischen Union hatte im November eine „Mitteilung“ zur Arktispolitik der EU veröffentlicht. Die EU ist an der Arktis interessiert, weil mit Dänemark, Schweden und Finnland drei EU-Staaten Territorium in der Arktis nördlich des Polarkreises haben. Nun folgen die USA mit ihrem Papier. Strategische Bedeutung hat die Arktis für die USA wegen der geplanten oder errichteten Anlagen für die neue Raketenabwehr und ein Frühwarnsystem. Das US-Papier verweist auf die Verletzbarkeit durch terroristische und kriminelle Akte in der Arktis.

Streit mit Kanada um Nordwestpassage

Ein brisantes Feld ist die Schifffahrt. Hier wird sich der Konflikt mit dem Nachbarn Kanada verschärfen: Die US-Direktive reklamiert, dass die Nordwestpassage durch die Inselwelt Nord-Kanadas ein internationaler Seeweg ist. Kanada dagegen sieht sie als internes Gewässer, dessen Zugang es regulieren kann. Die US-Position ist Kanada seit langem bewusst. Dass sie so deutlich bekräftigt wird, kommt dennoch überraschend. Er könne sich nicht erinnern, dass die USA Differenzen mit Kanada je so klar ausgedrückt haben, meint Professor Rob Huebert von der Universität Calgary: „Es gibt keinen Versuch, hier etwas zu beschönigen.“ Auch die Grenzziehung in der Beaufortsee zwischen Alaska und Kanadas Yukon-Territorium ist strittig.  Dabei geht es um ein Seegebiet mit riesigen Öl- und Gasvorräten. Die USA bekräftigen ihren Anspruch auf das Gebiet. Die Energieförderung in der Arktis werde eine wichtige Rolle spielen „um den wachsenden globalen Energiebedarf zu decken, weil angenommen wird, dass das Gebiet einen erheblichen Teil der unentdeckten Energieressourcen der Welt enthält“.

Internationale Zusammenarbeit

Sehr deutlich setzt das Papier trotz Betonung nationaler Interessen auf die internationale Zusammenarbeit. Eine wichtige Rolle spielt der Arktische Rat der Arktisländer USA, Kanada, Russland, Island, Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland, der ein Mandat im Bereich des Umweltschutzes und der nachhaltigen Entwicklung hat. Die scheidende Administration appelliert zudem an den Senat, den Beitritt des Landes zur UN- Seerechtskonvention zu unterstützen. Bisher haben die USA das Abkommen, das die Regeln für die Festlegung von Hoheitszonen im Meer enthält, nicht ratifiziert. Der Beitritt sei wichtig, um US-Interessen zu schützen. Dies werde den USA „einen Sitz am Tisch geben, wenn Rechte, die für unsere Interessen vital sind, debattiert und interpretiert werden“.

Gerd Braune

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Dieser Text erschien redaktionell bearbeitet am 15. Januar 2009 im Luxemburger Wort

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