Kritik an geplantem
Abkommen über Kooperation
bei Ölpest in Arktis

Ottawa, 5. Februar 2013. Die Arktisstaaten wollen bei der Vorbereitung und Reaktion auf mögliche Ölverseuchungen des Eismeers zusammenarbeiten. Der jetzt vorliegende Entwurf des Abkommens ist nach Ansicht von Kritikern aber mangelhaft: Das Abkommen wäre „nutzlos“ und „ineffektiv“, weil es keine verbindlichen Vorgaben für die Reaktion auf eine Ölpest enthalte, rügen sie. Die acht Staaten des Arktischen Rates wollen die Vereinbarung über Kooperation im Falle einer Ölverschmutzung (Cooperation on Marine Oil Pollution Preparedness and Response in the Arctic) im Mai in Kiruna verabschieden.
Anrainerstaaten wollen Zusammenarbeit im Falle von Ölunglücken verstärken

Kanada wird bei dem Ministertreffen in Schweden den Vorsitz der Staatengruppe übernehmen, zu der auch die USA, Russland, Norwegen, Dänemark, Schweden, Finnland und Island gehören. Seit zwei Jahren laufen die Verhandlungen über das Abkommen. Die Vorbereitung auf mögliche Ölunglücke in der Arktis gewinnt durch den Rückgang des Meereises, das Interesse internationaler Ölkonzerne an der Ölförderung in der Arktis und die Zunahme des Schiffsverkehrs an Dringlichkeit. So hat Shell im vergangenen Sommer in der Beaufort- und Tschuktschen-See vor Alaska mit Probebohrungen begonnen, zwischen Grönland und der kanadischen Baffin-Insel sucht Cairn Energy nach Öl. Eine Ölpest hätte nach Einschätzung von Umweltschützern verheerende Auswirkungen auf das sensible Ökosystem der Nordpolarregion, da in Eis eingeschlossenen Öl weite Strecken zurücklegen könne. Da die Arktis schwach besiedelt ist, wären Unglücksorte nur schwer erreichbar. Zudem herrscht über mehrere Monate Dunkelheit.

Greenpeace veröffentlichte nun den 21 Seiten langen Entwurf des Abkommens. Darin unterstreichen die Anrainerstaaten der Arktis die mit einer Ölpest verbundenen Gefahren für Umwelt und Gemeinden, darunter viele Ureinwohnergemeinden. Schnelles und effektives Handeln sei in diesen Fällen notwendig, um den Schaden zu begrenzen. Die Mitgliedsstaaten sollen ein nationales System für die Reaktion auf Ölverschmutzung unterhalten, in der Arktis ein „Mindestmaß“ an Ausrüstung zur Ölpestbekämpfung bereithalten und Personal für den Notfall trainieren. Im Falle einer Ölpest sollen die Nachbarstaaten unverzüglich informiert werden. Die Arktisstaaten wollen sich im Unglücksfall gegenseitig mit Ausrüstung und Personal helfen. Der Vertragentwurf enthält auch Vorschriften für die gegenseitige Erstattung der Kosten bei Notfallmaßnahmen.

Vertrag betont "Verursacherprinzip"

Dadurch soll aber nicht ausgeschlossen werden, die Kosten später bei den Verursachern des Unglücks einzutreiben. Der Vertrag betont das „Verursacherprinzip“, wonach derjenige, der den Schaden verursacht, auch zahlen muss. Dennoch ist dies nach Ansicht von Greenpeace einer der großen Schwächen des Entwurfs. Es gebe keine Aussagen zur Haftung von Ölunternehmen, sagte Ben Ayliffe, Leiter der Arktis-Öl-Kampagne von Greenpeace. Auch fehlten effektive Strafandrohungen für die Verschmutzer. Es gebe zudem keine wirksamen Vereinbarungen für Reaktionen im Falle eines grenzüberschreitenden Unfalls, ergänzte Christy Ferguson von Greenpeace Canada.

„Dieser Vertragsentwurf weckt kein Vertrauen in die Fähigkeit des Arktischen Rats, diese fragile Region zu schützen, wenn das Schlimmste passieren sollte“, urteilte Ayliffe. Der Entwurf sei vage, indem er „angemessene Maßnahmen“ von den Arktisstaaten fordere, ohne diese näher zu definieren und damit sicherzustellen, dass tatsächlich in ausreichendem Umfang Gerät im Unglücksfall bereitstehe. Kein Ölunternehmen habe bisher bewiesen, dass es im Eis eine Ölverschmutzung beseitigen könne. Der Entwurf zeige nicht, wie auf ein Desaster wie das der Deepwater Horizon im Golf von Mexiko reagiert werden könne.

"Zu wenig Gewicht auf Vermeidung von Unglücken"

Kritiker rügen zudem, dass der Arktische Rat nicht mehr Gewicht auf die Vermeidung von Ölverseuchungen legte. Medienberichten zufolge gab es offenbar Bemühungen einzelner Teilnehmer, striktere Regeln bei der Haftung zu finden. Diese konnten aber anscheinend in dem Gremium, dessen Entscheidungen auf Konsens beruhen, nicht durchgesetzt werden.

Der Botschafter Schwedens für den Arktischen Rat, Gustaf Lind, wies im britischen Rundfunk BBC die Wertung von Greenpeace zurück, das Abkommen sei unpräzise und vage. „Die Vereinbarung ist ein großer Schritt hin zum Schutz der Arktis vor einer Ölverschmutzung, weil es für die Staaten ein System der Kooperation in der Praxis aufbaut“, sagte er. Greenpeace kritisiere das Abkommen, weil es die Ölindustrie nicht reguliere, aber dies sei nicht der Zweck dieses Vertrags gewesen.

Gerd Braune

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