Europäische Union
strebt stärkeres Engagement
in der Arktis an

Ottawa, 13. Juli 2012. Die Kommission der Europäischen Union setzt auf ein stärkeres Engagement der Europäischen Union in der Arktis. „Angesichts des voranschreitenden Klimawandels und der raschen wirtschaftlichen Entwicklung in der Arktis“ sollte die EU ihre Zusammenarbeit mit ihren Partnern in der Arktis verstärkten, heißt es in einem Dokument der Kommission und der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Die EU schreibt damit ihre vor vier Jahren präsentierte Arktispolitik fort.
Klimawandel, nachhaltige Entwcklung und strategische Bedeutung der Arktis Gründe für intensivere Kooperation

Das Papier ist als „gemeinsame Mitteilung“ der EU-Kommission und der EU-Außenbeauftragten, der „Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik“, an das Parlament und den Rat der EU formuliert. Der rasche Wandel in der Arktis biete „wichtige Gründe für das Engagement der EU zum Schutz der Umwelt und zur Bekämpfung der Folgen des Klimawandels“. Die Kommission schlägt verstärkte Investitionen in die Klimaschutzforschung in der Arktis vor und tritt für eine nachhaltige Entwicklung der Arktis sowohl in der Schifffahrt als auch im Bergbau ein. Der Dialog mit den arktischen Staaten, den Ureinwohnervölkern der Arktis und anderen Partnern solle verstärkt werden.

Mit Schweden, Dänemark und Finnland sind drei EU-Länder Mitglieder des Arktischen Rates, dem ferner die USA, Kanada, Russland, Norwegen und Island angehören. Die EU nehme ihre Verpflichtungen gegenüber der Arktis ernst, sagte Ashton in Brüssel. „Die Entwicklungen in der Arktis machen unsere Arbeit zur Bekämpfung des globalen Klimawandels noch dringlicher und sind in strategischer, wirtschaftlicher und ökonomischer Hinsicht von zunehmender Bedeutung für die EU.“ Damit verweist die Kommission nicht nur auf den Klimawandel und den Rückgang des Meereises, sondern auch auf die Perspektiven für die wirtschaftliche Nutzung durch Schifffahrt infolge der Öffnung von arktischen Schiffsrouten, Rohstoffförderung, Energiegewinnung und Fischerei.

„Wissen, Verantwortung, Engagement“

Die EU-Kommission stellt ihr Dokument unter die Begriffe „Wissen, Verantwortung, Engagement“. Nach Brüsseler Angaben setzt die EU jährlich 20 Millionen Euro für die Arktisforschung ein und hat seit 2007 mehr als 1,14 Milliarden Euro in die „nachhaltige Entwicklung der Region“ investiert. Die Europäische Union sieht sich als „wichtiger Absatzmarkt für Ressourcen und Güter aus der Arktis“. So stammen dem Papier zufolge 88 Prozent der Eisenerzproduktion der EU aus der arktischen Barents-Region im Norden Europas. In der Arktis liegen on- und offshore zudem gewaltige Vorkommen an Öl und Gas. Die EU hat eine Rohstoffstrategie entwickelt und spricht nun von einer „aktiven Rohstoffdiplomatie“ gegenüber den arktischen Staaten, um den Rohstoffzugang durch „strategische Partnerschaften und den politischen Dialog zu sichern“.

Die Europäische Union hatte bereits 2008 beantragt, den Status eines  „ständigen Beobachters“ im Arktischen Rat zu bekommen. Dies würde den Europäern mehr Mitwirkungsrechte, allerdings kein Stimmrecht in diesem Gremium geben, das sich zu einem wichtigen Entscheidungsorgan für den gesamten circumpolaren Raum entwickelt hat. Einige EU-Länder wie Deutschland haben diesen Status bereits. Über den EU-Antrag wird vermutlich auf der nächsten Sitzung des Ministerrats der acht Staaten des Arktischen Rates im Mai 2013 in Kiruna in Schwden beschlossen, bei der Kanada den Vorsitz des Gremiums übernehmen wird. Die Europäische Union betont in ihrem Papier den Dialog mit den indigenen Gemeinschaften der Arktis und dass der Schutz der Arktis im Einvernehmen mit der einheimischen Bevölkerung erreicht werden sollen.

Bedenken der Inuit

Hier hat es die EU schwer, die Ureinwohner zu überzeugen. Sie fürchten, dass mit der Ausweitung des Kreises der „ständigen Beobachter“ – diesen Status streben unter anderem auch China und Japan an – ihr Einfluss als „ständige Teilnehmer“ geschmälert wird. Mit ihrer Entscheidung, den Import von Produkten aus der Robbenjagd zu verbieten, hat die EU insbesondere die Inuit Kanadas gegen sich aufgebracht, die gegen den Beobachterstatus für die EU eintreten. Die Inuit werfen den Europäern und den in Europa einflussreichen Tierschutzverbänden vor, mit diesem Bann die Interessen der Menschen der Arktisregion zu missachten.

In einem im Mai veröffentlichten Papier „Kanada als eine Arktische Macht“ schlagen die in Toronto ansässige Munk School of Global Affairs und die Walter & Duncan Gordon Foundation vor, dass jeder Bewerber um den Beobachterstatus „öffentlich seinen Respekt für die Souveränität der Arktisstaaten und die Rechte der indigenen Völker der Arktis“ erklären muss. Allerdings lässt auch dieser Vorschlag offen, welche Folgen dies hätte, wenn ein Beobachterland eine Entscheidung etwa im Tierschutz oder in der Jagdpolitik trifft, die den tatsächlichen oder vermeintlichen Interessen der Ureinwohner zuwiderläuft.

Ende

© Gerd Braune
Die auszugsweise Übernahme dieses Textes ist nur mit dem Quellenhinweis „Gerd Braune/www.arctic-report.net“ gestattet. Die vollständige oder weitgehende Verwendung zur Publikation bedarf meiner vorherigen Zustimmung