EU muss weiter
auf Beobachterstatus
im Arktischen Rat warten

Ottawa, 15. Mai 2013. Die acht Länder des Arktischen Rates haben ihren Willen bekräftigt, die Arktis als „Zone von Frieden und Stabilität“ zu entwickeln und alle möglichen Konflikte durch Kooperation zu lösen. Der Arktische Rat ließ auf seinem Treffen in Kiruna sechs weitere Länder als ständige Beobachter zu. Die EU muss aber weiter warten. Ihr Antrag auf Beobachterstatus wurde auf das nächste Ministertreffen in zwei Jahren vertagt.
Robbenimportverbot verhindert stärkere Mitwirkung – Minister sehen Arktis als „Zone von Frieden und Stabilität“

In ihrer am Mittwoch beschlossenen Erklärung „Vision für die Arktis“ versuchen die acht Staaten und die sechs Organisationen der Ureinwohner der Arktis, dem auch durch Säbelrasseln in den eigenen Reihen und militärische Aufrüstung einiger Arktisstaaten genährten Eindruck entgegenzuwirken, die Arktis berge das Potenzial für Konflikte. Tatsächlich hat sich der Arktische Rat zu einem starken Kooperationsgermium entwickelt. In Kiruna wurde nach dem vor zwei Jahren verabschiedeten Vertrag über Kooperation bei Suche und Rettung nach Schiffs- und Flugzeugunglücken das zweite internationale Abkommen abgesegnet, eine Vereinbarung über Zusammenarbeit im Falle von Ölverseuchungen des Meeres.

Die Mitgliedsstaaten und indigenen Organisationen äußern die Zuversicht, dass es „kein Problem gibt, das nicht gemeinsam durch kooperative Beziehungen“ gelöst werden könne. Richtschnur soll dabei internationales Recht, vor allem die UN-Seerechtskonvention sein. Damit bezieht sich der Arktische Rat auf die Debatten über die künftige Nutzung des Meeresbodens des Eismeers, in dem Öl, Gas und andere Rohstoffe vermutet werden. Die Anrainerstaaten des Arktischen Ozeans versuchen derzeit, ihre Nutzungsrechte über die 200-Seemeilenzone hinaus auszuweiten. Den rechtlichen Rahmen dafür gibt die Seerechtskonvention vor.

Bei dem Treffen in Kiruna übernahm Kanada von Schweden für die nächsten zwei Jahre den Vorsitz. Dem 1996 gegründeten Arktischen Rat (Arctic Council) gehören die acht Arktisanrainer Kanada, USA/Alaska, Russland, Norwegen, Finnland, Schweden, Dänemark/Grönland und Island an. Die Organisationen der Ureinwohner der Arktis, darunter die Inuit Noramerikas und Grönlands und die Saami Nordeuropas, sitzen als „Permanente Teilnehmer“ (Permanent Participants) stets mit am Tisch und haben volles Mitspracherecht. In den vergangenen Jahren haben mit der Öffnung der Arktis für Schifffahrt und Rohstoffförderung, die durch den Klimawandel beschleunigt wurde, immer mehr nichtarktische Staaten und regierungsunabhängige Organisationen Interesse bekundet, als „ständige Beobachter“ den Beratungen folgen und in eingeschränktem Maß auch Einfluss auf sie nehmen zu dürfen.

Die acht Arktis- und Außenminister der Arktisstaaten, unter ihnen John Kerry (USA) und Sergej Lavrow (Russland), beschlossen in Absprache mit den Ureinwohnerorganisationen, China, Indien, Italien, Japan, Südkorea und Singapur als neue Beobachter-Staaten zuzulassen. Bisher haben bereits sechs EU-Staaten, darunter Deutschland, und 20 internationale Organisationen diesen Status.

Erneut aber scheiterte die Europäische Union mit ihrem Begehren, in diesen Kreis aufgenommen zu werden. Vorher müssen noch „Bedenken der Ratsmitglieder“ ausgeräumt werden, stellt der Arktische Rat fest, ohne dies näher zu erläutern. Dahinter verbirgt sich aber der Konflikt um das von der EU verhängte Importverbot von Robbenprodukte, das vor allem den Zugang von Pelzen aus der kanadischen Robbenjagd auf den europäischen Markt ausschloss. Die Inuit sind trotz einer Ausnahmeklausel im EU-Bann verärgert über die EU und wenden sich daher gegen die EU-Aufnahme. Allerdings lässt der Arktische Rat bis zu einer endgültigen Entscheidung die EU als sogenannten „ad hoc“-Beobachter zu den beratungen zu.

Das in Kiruna verabschiedete Abkommen über „Vorbereitung und Reaktion auf Ölverschmutzung des Eismeeres“ soll gegenseitige Hilfen im Falle von Schiffs- oder Pipelineunglücken sicherstellen. Da es in den abgelegenen Regionen der Arktis schwer sein würde, ausreichende Mengen technischen Geräts zur Bekämpfung einer Ölpest bereitzustellen, ist eine internationale Kooperation ein wichtiger Schritt zur Eindämmung von Schäden. „Dies ist ein guter Schritt nach vorne in einer Region, in der jedes Ölunglück grenzüberschreitende Folgen haben kann“, meint WWF-Vertreter Alexander Shestakov. Er und andere Umweltverbände bemängeln aber, dass es bisher keine Vereinbarungen über die Verhinderung von Ölverschmutzungen gibt. „Die Prävention ist noch außen vor. Da besteht eine erhebliche Lücke“, meint Shestakov.

Der Arktische Rat beauftragte in Kiruna aber Arbeitsgruppen, „einen Aktionsplan oder eine andere Vereinbarung zur Verhinderung von Ölverschmutzungen“ auszuarbeiten und dem Ministertreffen 2015 vorzulegen. Zugleich wird das „enorme“ wirtschaftliche Potenzial der Arktis betont. Die nachhaltige Entwicklung der Ressourcen sei ein Schlüssel für den Wohlstand der Region. Ein besondere Augenmerk wird auf die Sicherung der rechte der ureinwohner, ihrer sozialen Strukturen, kulturellen Traditionen und Sprachen gelegt. Sowohl die Abschlusserklärung von Kiruna als auch die dort verabschiedete Deklaration „Vision für die Arktis“ betonen die Notwendigkeit des Umweltschutzes und von Maßnahmen zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen im Kampf gegen Klimawandel. Sie sprechen sich für ein Nachfolgeprotokoll zum Kyoto-Protokoll bis 2015 aus, um den Temperaturstieg auf weniger als zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten. Allerdings setzen Arktisstaaten wie Kanada und Russland sehr stark auf die Förderung fossiler Brennstoffe.

Gerd Braune

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