Erz, das aus der Kälte kommt

Ottawa, 8. Februar 2012. Eisenerz aus Kanadas Arktis wird in wenigen Jahren die Hochöfen der Stahlerzeuger in aller Welt füttern, wenn die Pläne der Bergbauunternehmen aufgehen. Viele Milliarden Tonnen Erz lagern im arktischen und subarktischen Boden. Ob „Mary River“ auf Baffinland im kanadischen Territorium Nunavut, „Lac Otelnuk“ in Nord-Quebec oder eine expandierende Eisenerzmine in Labrador – die Industrie spricht in Superlativen.
Das Mary River Project auf Baffinland und das Lac Otelnuk Project in Nunavik

Adriana Resources Inc. ist ein kleines in Toronto ansässiges und an der Toronto Venture Exchange notiertes Unternehmen. „Adriana hat sechs Angestellte“, berichtete der Präsident und CEO des Unternehmens, Allen Palmiere, auf der Konferenz „Northern Lights“ in Ottawa. Aber seit Mitte Januar hat es einen starken Partner: Mit der chinesischen WISCO vereinbarte Adriana ein Joint Venture zur Entwicklung des Lac Otelnuk-Projekts in Nunavik (Quebec). Lac Otelnuk sei „das größte Eisenerzlager in Kanada mit dem Potenzial, eines der größten der Welt zu werden“. Aufgrund der metallurgischen Tests ist CEO Palmiere optimistisch, dass dies wirklich eines der ganz großen Eisenerzprojekte auf der Welt wird.

Eine Eisenbahntrasse in der Arktis

In Kanada ist derzeit das Mary River Project von Baffinland Iron Mines an der Nordspitze von Baffin Island (Luftaufnahme oben) das größte Eisenerzprojekt in Entwicklung. Baffinland gehört jetzt zu 70 Prozent ArcelorMittal und zu 30 Prozent der Iron Ore Holding. Der Bau der Mary River-Mine, die jährlich 18 Millionen Tonnen Erz mit einem Eisengehalt von mehr als 65 Prozent liefern soll, könnte im kommenden Jahr beginnen. 2016, so erwartet CEO Tom Paddon, könnte der Betrieb aufgenommen werden. Sechs Milliarden Dollar werden in das Projekt investiert. Laut Paddon ist es die größte Investition außerhalb der Ölsände Albertas. Nicht nur die Mine muss gebaut werden: Von Mary River wird eine 150 Kilometer lange Eisenbahntrasse zu Steensby Inlet am Fox Basin gebaut, wo eisgängige Frachter das Erz aufnehmen sollen. „Drill, blast, crush, rail, ship. No processing, no tailings“, schilderte Paddon das Verfahren. Ein Inuit Impact and Benefit Agreement (IIBA) wurde mit der regionalen Inuit-Organisation Qikiqtani Inuit Association ausgehandelt.

Ehrgeizige Ziele von Adriana

So weit ist Adriana noch nicht. Lac Otelnuk liegt etwa 150 Kilometer nördlich der Stadt Schefferville im Inuit-Gebiet Nunavik. Mit 6,45 Milliarden Tonnen gibt Adriana die Eisenerz-Ressourcen an, der Eisengehalt des Erzes liegt bei 29 Prozent. Produziert werden sollen Pellets mit einem Eisengehalt von 67 bis 69 Prozent. „Wir sprechen von einer anfänglichen Produktion von 50 Millionen Tonnen pro Jahr“, sagt Palmiere.

Zwar gibt es aus der Region Eisenbahnlinien anderer Unternehmen nach Süden nach Sept-Iles oder Port Cartier am St. Lorenz-Strom, aber deren Kapazität ist erschöpft. Für Lac Otelnuk muss eine neue Bahntrasse angelegt werden. Die Gesamtkosten beziffert Palmiere auf 12 Milliarden Dollar, wovon 4,3 Milliarden auf die Anlage zur Herstellung von Pellets, 2,4 Milliarden auf Anlagen zum Zermalen und Anreichern des Erzes und 2,6 Milliarden auf die Eisenbahnstrecke entfallen. Die Mine selbst mit Ausrüstung und Infrastruktur steht nur mit 655 Millionen Dollar in den Büchern.

Chinas Industrie als Partner

Um das zu stemmen, brauchte Adriana Partner. „Wir gingen nach China, um einen Partner zu finden“, berichtete Palmiere. Sie fanden den Partner in WISCO. Mit rund 91 Millionen Dollar engagiert sich WISCO, eine Tochtergesellschaft der WISCO-Gruppe (Wuhan Iron & Steel Corporation), bei Adriana und im Joint Venture Lac Otelnuk Mining Ltd (LOM). Wisco hält 60 Prozent der Anteile an LOM, Adriana 40 Prozent. 60 Prozent der Produktion sollen nach China gehen.

Eine Machbarkeitsstudie (Feasibility Study) soll 2012/2013 ausgearbeitet werden,  parallel dazu soll das Environmental and Social Impact Assessment erfolgen und mit den Inuit das „Impact and Benefit Agreement“ ausgehandelt werden. CEO Palmiere hofft, dass der Bau zwischen 2014 und 2017 erfolgen und 2017 mit der Produktion begonnen werden kann.

Iron Ore Company auf Expansionskurs

Auf Expansionskurs ist die Iron Ore Company of Canada (IOC) mit ihrer Mine bei Labrador City. Im Sommer 2010 begann ein auf mehrere Jahre angelegtes Expansionsprogramm, das die Kapazität von 18 Millionen Tonnen Eisenerz-Konzentrat in diesem Jahr auf 22 Millionen Tonnen erhöht. Im kommenden Jahr soll die „operative Kapazität“ bei 26 Millionen Tonnen liegen. IOC, das zu 58,7 Prozent Rio Tinto und 26,2 Prozent Mitsubishi gehört, hat aber bereits Studien in Auftrag gegeben, die die Möglichkeiten einer weiteren Erhöhung der Kapazität auf 50 Millionen Tonnen untersuchen.

Gerd Braune

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