Arktisstaaten verstärken
Zusammenarbeit im Polarraum
Nuuk/Ottawa, 13. Mai 2011. Die acht Staaten des Arktischen Rates verstärken ihre Zusammenarbeit im Nordpolargebiet. Auf ihrem Treffen in der grönländischen Hauptstadt Nuuk unterzeichneten sie ein Abkommen über Kooperation bei Such- und Rettungsarbeiten nach Unglücken in der Arktis. Damit schafft der Arktische Rat sein erstes rechtlich bindendes Abkommen. Die Vermeidung und Bekämpfung von Ölverseuchungen im Eismeer ist ein Schwerpunkt des Rates in den kommenden Jahren.
Abkommen über Such- und Rettungsaktionen erster rechtlich bindender Vertrag
Mitglieder des Arktischen Rates sind Kanada, die USA (Alaska), Russland, Dänemark (Grönland), Schweden, Norwegen, Finnland und Island. Neben den Ministern nehmen an den Verhandlungen auch Vertreter der Organisationen der Ureinwohner der acht Staaten teil. Zu dem eintägigen Treffen kamen unter anderem US-Außenministerin Hillary Clinton und ihr russischer Kollege Sergej Lawrow nach Nuuk.
Ständiges Sekretariat in Tromsoe
Durch Schaffung eines ständigen Sekretariats im norwegischen Tromsoe soll die Handlungsfähigkeit des Arktischen Rates gestärkt werden. Der Ratsvorsitz wird allerdings weiter im Zweijahresturnus wechsln. Schweden übernahm in Nuuk den Vorsitz von Dänemark. 2013 wird Kanada die Leitung des Gremiums übernehmen.
Die Unterzeichnung des Abkommens über Zusammenarbeit nach Schiffs- oder Flugzeugunglücken in der Arktis gilt als bahnbrechend, weil der Arktische Rat damit erstmals internationales Recht schafft. Nach Einschätzung politischer Beobachter gewinnt der Rat als internationaler Akteur an Gewicht.
Nuuk-Deklaration betont Zusammenarbeit
In ihrer Nuuk-Deklaration betonen die Minister „die Bedeutung, Frieden, Stabilität und konstruktive Kooperation in der Arktis“ aufrechtzuerhalten. Dies hebt sich von den oft schrillen Tönen ab, mit denen der gegenwärtige Streit um Rechte am Meeresboden im Arktischen Ozean außerhalb der 200 Meilen-Zone begleitet wird. Die Anrainerstaaten des Eismeers – USA, Russland, Kanada, Dänemark und Norwegen – versuchen derzeit, ihre Ansprüche auf Nutzung des Meeresbodens nach der UN-Seerechtskonvention auszuweiten. Hintergrund ist der vermutete Rohstoffreichtum des Meeresbodens. Dies wird zwar auf der grundlage wissenschaftlicher Daten über die Beschaffenheit des Meeresbodens von einer UN-Kommission entschieden. Dennoch gefielen sich einige der Anrainerstaaten, vor allem Russland und Kanada, in den vergangenen Jahren auch durch militärisches Säbelrasseln, um ihre Ansprüche zu unterstreichen.
Umweltgefahren durch Schifffahrt und Ölbohrungen
Minister und Ureinwohnervertreter beschlossen die Einsetzung einer Arbeitsgruppe, die sich mit der Reaktion auf mögliche Ölverschmutzungen des Eismeers durch Schiffe oder Ölbohrungen befasst. Zudem sollen Empfehlungen erarbeitet werden, wie eine Ölpest verhindert werden kann. Durch den zunehmenden Schiffsverkehr in der Arktis aufgrund des Rückgangs des Meereises und das wachsende Interesse an den Ölvorkommen im Meer steigt die Gefahr von Verseuchungen. Umweltgruppen fordern seit Jahren vergeblich ein Moratorium bei der Ölsuche, weil im Eismeer gegenwärtig eine Ölpest nicht bekämpft werden könne. Beim Klimaschutz rufen die Arktisstaaten alle Staaten der UN-Klimakonvention zum Handeln auf, um das Ziel zu erreichen, den Temperaturanstieg auf zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Mit Kanada und den USA gehören aber zwei Arktisstaaten zu den bislang größten Klimasündern.
Die Umweltorganisation WWF sieht in den Entscheidungen von Nuuk dennoch
nicht nur einen Schritt, sondern „einen großen Sprung nach vorne“. Die Mitglieder des Arktischen Rates hätten gezeigt, dass zur Zusammenarbeit fähig seien. „Die Arktisstaaten müssen aber mehrere solcher Sprünge machen, um den Herausforderungen gerecht zu werden, die sich der Umwelt in der Arktis stellen“, erklärte Alexander Shestakow, Leiter des WWF-Arktisprogramms. „Die Arktis ist kein schläfriges Nebengewässer mehr, sondern eine vorrangige Region für einige der reichsten und mächtigsten Staaten der Welt.“ Klimawandel bleibe die größte Herausforderung. Die Arktisstaaten müssten bindende Ziele setzen, um eine Reduzierung der Treibhausgasemmissionen um 80 Prozent bis 2050 zu erreichen.
Gerd Braune
© Gerd Braune
Die auszugsweise Übernahme dieses Textes ist nur mit dem Quellenhinweis „Gerd Braune/www.arctic-report.net“ gestattet. Die vollständige oder weitgehende Verwendung zur Publikation bedarf meiner vorherigen Zustimmung
Dieser Text erschien redaktionell bearbeitet am 15. Mai 2011 im Luxemburger Wort