ArcelorMittal greift
nach Eisenerzmine

Ottawa, 8. November 2010. Der Übernahmekampf um das kanadische Unternehmen Baffinland Iron Mines gewinnt an Schärfe. Der in Luxemburg ansässige globale Stahlproduzent ArcelorMittal kündigte am Montag ein Angebot für Baffinland und sein Entwicklungsprojekt, die Eisenerzmine „Mary River“ in der kanadischen Arktis, an. Die ArcelorMittal-Offerte soll sich auf rund 433 Millionen Can-Dollar (307 Mio Euro) belaufen.
Stahlerzeuger kündigt Angebot für Übernahme von Baffinland Iron Mines an

Baffinland Iron Mines und ArcelorMittal gaben am Montag den Abschluss einer Vereinbarung bekannt, wonach die Luxemburger alle Aktien für 1.10 Dollar pro Aktie übernehmen sollen. Das Board of Directors empfahl den Aktionären das Angebot, das bis 16. November den Anteilseignern in einem Zirkular vorgelegt werden soll, anzunehmen. Die „freundliche“ Übernahme steht einem „feindlichen“ Übernahmeangebot durch Nunavut Iron Ore Acquisition Inc. vom 22. September entgegen, das am Montag auslaufen sollte. Nunavut Iron Ore Acquisition Inc. ist eine privates, in den USA ansässiges Investmentunternehmen.

„Pipeline“ von Projekten mit hoher Qualität

Das Angebot von ArcelorMittal liege im besten Interesse der Aktionäre, teilte Baffinlands Board of Directors mit. Das Angebot liege 15,8 Prozent über dem Schlusskurs von 0.95 Dollar vom 5. Nov an der Toronto Stock Exchange und bedeute einen Zuschlag von 37,5 Prozent gegenüber dem Angebot von Nunavut Iron Ore von 0.80 Dollar. Aditya Mittal, Chief Financial Officer von ArcelorMittal, sagte, das Angebot entspreche der Strategie von ArcelorMittal, sein Bergbau-Portfolio zu erweitern und die „Pipeline“ von Entwicklungsprojekten mit hoher Qualität zu ergänzen.

Baffinlands einziges, aber für europäische Stahlerzeuger interessantes Entwicklungsprojekt ist die Eisenerzmine Mary River im Norden der Baffin-Insel in Kanadas Arktis. Der Eisengehalt des Erzes liegt bei 65 Prozent. Mary River hat nach Angaben von Baffinland insgesamt 860 Millionen Tonnen Reserven und Ressourcen. Europäische Stahlerzeuger sollen wichtige Abnehmer des Erzes sein. Von den 18 Millionen Tonnen Erz, die Mary River ab 2014 liefern will, sind 16 Milllionen, rund 90 Prozent, für Europa bestimmt. Baffinland hat mit ThyssenKrupp, der Salzgitter Flachstahl GmbH, der Roheisengesellschaft Saar (Rogesa), der österreichischen Voestalpine Rohstoffbeschaffungs GmbH und der italienischen Riva Fire Absichtserklärungen über die Lieferung von insgesamt acht Millionen Tonnen Eisenerz unterzeichnet, davon für ThyssenKrupp allein drei Millionen. ThyssenKrupp  und ArcelorMittal haben für Probeläufe in Hochöfen in Duisburg und Bremen Ende 2008 bereits 110.000 Tonnen Erz aus Kanada erhalten. Das Eisenerz soll mit Schiffen von Baffinland durch das Foxe-Becken und die Hudson-Strait und dann über den Atlantik transportiert werden.

Baffinland sucht „strategischen Partner“

Baffinland suchte seit 2008 einen strategischen Partner für das vier Milliarden Dollar teure Projekt und stand offenbar kurz vor einer Vereinbarung, als die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 die Rohstoffpreise abstürzen ließ. Mit dem Anziehen der Konjuktur wuchs wieder das Interesse an dem Projekt. Für Baffinland überraschend kam im September das nicht abgesprochene Angebot von Nunavut Iron Ore Acquisition Inc., das die Führung von Baffinland aber als unzureichend zurückwies.

Die europäischen Stahlerzeuger verfolgen das Mary River-Projekt mit Interesse, weil es zumindest ein kleines Gegengewicht zu der ohnehin schon starken Position der Weltkonzerne Vale, Rio Tinto oder BHP Billiton bilden könnte, indem es die Auswahl möglicher Eisenerzlieferanten erweitert. Die deutsche Bundesregierung stuft Mary River als bedeutend für die einheimische Stahlindustrie ein und hat sich bereits 2009 grundsätzlich zu einem Ungebundenen Finanzkredit (UFK) bereitgefunden. Reaktionen der anderen europäischen Stahlerzeuger und von Nunavut Iron Ore Acquisition auf die neue Entwicklung lagen zunächst nicht vor.

Gerd Braune

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Dieser Text erschien redaktionell bearbeitet in
Handelsblatt
Luxemburger Wort
Weser-Kurier (9. November 2010)

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