Antarktis-Vertrag ein Musterbeispiel
internationaler Kooperation
Ottawa, 30. November 2009. Während in der Arktis die Anrainerstaaten über Hoheitsrechte streiten und begierig auf Bodenschätze im Eismeer und auf dem angrenzenden Festland blicken, herrscht in der Antarktis politisch und wirtschaftlich Ruhe - dank des Antarktis-Vertrags, der vor 50 Jahren, am 1. Dezember 1959, unterzeichnet wurde. Er gilt als Muster für internationale Kooperation.
Im Gegensatz zur Arktis gibt es am Südpol derzeit keinen Streit um nationale Hoheitsrechte
Während in der Arktis die Anrainerstaaten über Hoheitsrechte streiten und begierig auf Bodenschätze im Eismeer und auf dem angrenzenden Festland blicken, herrscht in der Antarktis politisch und wirtschaftlich Ruhe - dank des Antarktis-Vertrags, der vor 50 Jahren, am 1. Dezember 1959, unterzeichnet wurde. Er gilt als Muster für internationale Kooperation.
Als „ungleiche Schwestern“ werden Arktis und Antarktis bezeichnet. Die Antarktis ist im wahren Sinn des Wortes die „Gegen-Arktis“. Sie ist ein Kontinent, der vom südlichen Polarmeer umgeben ist. Die Arktis dagegen ist das von Kontinenten umgebene Nordpolarmeer, auf dem Eismassen schwimmen. Der Antarktische Kontinent einschließlich der Eisschelfe ist etwa 14 Millionen Quadratkilometer groß, das Festland allein 12 bis 13 Millionen Quadratkilometer. Antarktika ist der höchste, trockenste und kälteste Kontinent. An der russischen Wostok-Forschungsstation wurde mit minus 89,2 Grad die niedrigste Temperatur auf der Erde gemessen. Die mittlere Höhe der Antarktis liegt bei 2200 Metern.
Gegenstück zur Arktis
Ein Gegenstück zur Arktis ist die Antarktis auch unter politischen Aspekten. In der Arktis wird um Hoheitsrechte gestritten, demonstrativ versenken die Russen am Nordpol eine Flagge, die USA, Kanada und Russland zeigen militärische Präsenz. Anders dagegen der Südpol: Im Antarktis-Vertrag verständigten sich zunächst zwölf Staaten, die während des Internationalen Geophysikalischen Jahres 1957/58 in der Polarforschung kooperiert hatten, darauf, den Südpol nur für friedliche Zwecke zu nutzen. Inmitten des Kalten Krieges erklärten diese Staaten, dass es „im Interesse der ganzen Menschheit liegt, die Antarktis für alle Zeiten ausschließlich für friedliche Zwecke zu nutzen und nicht zum Schauplatz oder Gegenstand internationaler Zwietracht werden zu lassen“. Der Vertrag untersagt die Errichtung militärischer Stützpunkte, Manöver und Waffentests. Stattdessen wird die Zusammenarbeit bei wissenschaftlichen Forschung festgeschrieben.
Vor 50 Jahren wurde das Abkommen unterzeichnet
Mehrere Staaten hatten damals schon Hoheitsansprüche am Südpol angemeldet, so dass die Aufteilung des unter Eis liegenden Kontinents drohte. Die Wissenschaftler forderten aber weitere Kooperation - und die Politik folgte. Die beteiligten Staaten arbeiteten den Antarktisvertrag aus. Er wurde am 1. Dezember 1959 in Washington von Argentinien, Australien, Chile, Frankreich, Großbritannien, Neuseeland und Norwegen, die bereits Gebietsansprüche erhoben hatten, sowie Belgien, Japan, Südafrika, der Sowjetunion und den USA unterzeichnet. Am 23. Juni 1961 trat der Vertrag in Kraft. Inzwischen sind weitere 34 Staaten beigetreten, so dass es jetzt 46 Vertragsstaaten gibt.
Dem Vertrag folgten mehrere Zusatzabkommen, so dass jetzt vom „antarktischen Vertragssystem“ gesprochen wird: Ein Vertrag über den Schutz der antarktischen Flora und Fauna, ein Abkommen über die Erhaltung der antarktischen Robben, ein Übereinkommen über den Schutz der „lebenden Meeresressourcen“ der Antarktis und schließlich 1991 ein Umweltprotokoll, das in Artikel 7 den Abbau von Bodenschätzen untersagt.
Gebietsansprüche ruhen
Ihre Gebietsansprüche haben die Staaten nicht aufgegeben, sie ruhen aber. Länder wie Großbritannien, Argentinien, Chile, Australien und Neuseeland stützen ihre Ansprüche auf Besitznahme in Zeiten der Entdeckungsreisen oder auf den Status als direkter Anlieger. Norwegen und Frankreich reklamieren verschiedene Inselgruppen für sich.
Juristen wie Professor Don Rothwell von der Universität von Canberra fordern, den Antarktis-Vertrag als Vorbild für einen Arktis-Vertrag der fünf Arktis-Anrainer zu nehmen mit Regeln für das Management des Meeres und der angrenzenden Territorien zum Schutz von Flora und Fauna und zur Verhinderung von Umweltschäden. Souveränitätsrechte sollten nicht aufgegeben werden, aber dort, wo sich Ansprüche überlappen, zurückgestellt werden. Realistische Chancen auf Erfolg hat dieser Vorstoß derzeit aber nicht. Die Arktis-Anrainer und die EU haben einen Arktisvertrag ausgeschlossen. Das bestehende Regelwerk der UN-Seerechtskonvention (UNCLOS) ist nach ihrer Ansicht ausreichend.
Gerd Braune
© Gerd Braune
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Dieser Text erschien redaktionell bearbeitet unter anderem im Luxemburger Wort (3. Dezember 2009)