USA lange Zeit ein zögernder Akteur in der Arktis

Ottawa, 1. Februar 2012. Die Vereinigten Staaten stellen sich nur langsam darauf ein, dass sie ein arktischer Staat sind. Erst in den vergangenen Jahren unter der Obama-Regierung hätten sie eine aktivere Rolle im Kreis der arktischen Staaten gespielt, erklärte die US-amerikanische Politikwissenschaftlerin Heather Conley vom Centre for Strategic and International Studies in Washington am Mittwoch auf der Tagung „Northern Lights“ in der kanadischen Hauptstadt Ottawa.
Aktivere Arktispolitik durch Außenministerin Clinton

Conley trug ihre Einschätzung dem Auditorium in Ottawa via Telefon-Konferenzschaltung vor. Wegen eines heftigen Schneesturms war ihr Flug von Washington nach Ottawa kurzfristig gestrichen worden. Ihre Analyse stieß in Ottawa bei Besuchern der Northern Lights-Konferenz aber auf reges Interesse.

Die „Northern Lights“-Konferenz wird als „Business and Cultural Showcase“ der kanadischen Ost-Arktis vom 1. bis 4. Februar in Ottawa veranstaltet und berührt vor allem Labrador, das Territorium Nunavut und die Inuit-Gebiete Nunatsiavut (Labrador) und Nunavik (Nord-Quebec). Diskutiert werden dabei auch die  politischen Entwicklungen im circumpolaren Raum.

Die USA seien ein „zögernder Akteur“, sagte Heather Conley. Erst in seinen letzten Amtstagen im Januar 2009 hatte der frühere Präsident George W. Bush eine „Präsidentielle Sicherheitsdirektive“ zur Arktispolitik unterzeichnet, die die strategische und wirtschaftliche Bedeutung der Nordpolarregion betont. Die jetzige Außenministerin Hillary Clinton habe in den vergangenen Jahren eine aktivere Arktispolitik betrieben, was sich unter anderem in ihrer Teilnahme am Ministertreffen des Arktischen Rates in Nuuk im vergangenen Jahr gezeigt habe.

„Die USA machen sich jetzt klar, dass sie ein arktischer Staat sind“, sagte Conley. Erst jetzt seien sie dabei, eine Führungsrolle zu übernehmen. Clinton zeige starke Unterstützung für den Arktischen Rat, in dem die acht Staaten des arktischen Raumes – USA, Kanada, Russland, Dänemark/Grönland, Norwegen, Schweden, Finnland und Island – in Fragen des Umweltschutzes, der wirtschaftlichen Entwicklung und Notfallmaßnahmen zusammenarbeiten.

Derzeit keine Chancen für Beitritt zu UN-Seerechtskonvention

Ein Hindernis auf diesem Weg ist laut Conley die bisherige Weigerung des Senats, die UN-Seerechtskonvention UNCLOS zu ratifizieren. Nach UNCLOS werden die auch ökonomisch so wichtigen äußeren Begrenzungen des vermutlich rohstoffreichen Kontinentalschelfs festgelegt. Damit sind die USA bei einem wichtigen internationalen Vertrag nur Außenstehende. Sie sehe keine Chancen, dass UNCLOS jetzt im Präsidentenwahljahr ratifziert werde. Dies werde dann hoffentlich die nächste Administration unter Obama oder einem republikanischen Präsidenten durchsetzen können.

Die Referentin wies darauf hin, dass die USA für Aktivitäten in der Arktis nur geringe Kapazitäten habe. So stehe mit der Healey nur ein Eisbrecher zur Verfügung. Dies mache es schwer, „mit der Dynamik der ökonomischen Entwicklung mitzuhalten“. Der Ölkonzern Shell, der vermutlich in diesem Jahr mit Exploration in der Tschuktschen-See beginnen werde, verfüge im Eismeer über größere Kapazitäten als die US-Regierung. Der Aufbau von Kapazitäten sei aber gerade jetzt auch ein Budgetproblem. 800 Millionen Dollar für einen Eisbrecher auszugeben sei kaum durchsetzbar.

USA und Kanada sollen Streitigkeiten beilegen 

Heather Conley wies auch auf die beiden großen Meinungsverschiedenheiten zwischen Kanada und den USA in der Arktis hin: ob die Nordwestpassage ein internes Gewässer ist, wie von Kanada behauptet, oder ein internationales, wie es die USA reklamieren, und wie die Grenze in der erdölreichen Beaufort-See zu ziehen ist. Es sei an der Zeit, die Rhetorik beiseite zu legen und den Streit um die Nordwestpassage zu beenden, meinte sie. Und wenn es Russland und Norwegen gelinge, nach Jahrzehnten ihren Grenzkonflikt in der Barentssee beizulegen, dann frage sie sich, warum das nicht auch zwischen zwei Nachbarn wie Kanada und den USA in der Beaufort-See möglich sein könne.

Gerd Braune

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